Merryville nach Kountze 23.03.2012
Ganz früh standen wir auf, ein langer Tag lag wieder vor uns. Heute sollten wir Texas
erreichen. Wir waren schon ganz aufgeregt.
Jack musste am Vortag einen großen Umweg in Kauf nehmen, da der Originalweg wegen
Überschwemmung geschlossen war. Wir drückten uns ganz fest die Daumen, dass heute die
Route wieder befahrbar war. Wir überquerten die Grenze von Louisiana nach Texas, ein tolles
Gefühl. Dann kämpften wir wieder mit Hunden. Waldemar setzte das Pfefferspray mehr oder
eher weniger gekonnt ein, denn der Hund ließ nicht von uns ab, dafür setzte das Zeug Luke
und mich fast außer Gefecht, wir konnten kaum noch sehen, geschweige denn atmen und Waldemar
bekam Dank des Windes auch noch eine gute Portion ab. Super, er sah aus wie ein Albino
Kaninchen und fluchte wie ein Rohrspatz. Nach einer Gesichtsdusche und etlichen Niessattacken
konnten wir unsere Weiterfahrt wiederaufnehmen. Dann erreichten wir die bis zum Vortag
geschlossene Strecke und ja, sie war wieder befahrbar - wenn Bengel, äh Engel reisen. Wir
gaben Gas, Silsbee ließen wir links liegen, und nach rund 100 gefahrenen Kilometern nahmen
wir Abschied von Luke, er wollte sich von seinem Neffen unterwegs auflesen lassen. Traurig
waren wir allemal, hoffentlich sehen wir ihn wieder. Wir versuchten in Kountze bei der
Feuerwehr unser Glück, bekamen zwar Energie Drinks und viele gute Worte, aber ein Plätzchen
für unser Zelt konnten uns die Dame und die beiden Herren nicht anbieten. Dafür riefen sie
bei einem Nationalpark an, dort waren wir herzlich willkommen. Noch 15 weitere Kilometer
mussten wir strampeln und das in die falsche Richtung, doch auch hier hatten wir Glück und
durften kostenlos die Nacht mitten im Wald verbringen.
Kountze nach Coldspring 24.03.2012
Die Vögel weckten uns, die Frösche quakten um die Wette und die Eichhörnchen waren auch
schon früh unterwegs. Wir starteten gegen 8 Uhr, verließen den Nationalpark und fanden den
Originalweg wieder. Heiß war es, doch Ost Texas gefiel uns sehr gut. Gegen 16:00 Uhr landeten
wir in Coldspring und fuhren in den dortigen Statepark. Die Rezeption war nicht besetzt und
wir schauten ein wenig ratlos drein, angeblich sollte Primitive Campen 20 Dollar laut Aushang
kosten. In dem Moment wurden wir von einem vorbeifahrenden Autofahrer angesprochen. Er
erklärte uns den Weg, es sollte nicht mehr weit sein und sein Bruder würde das Wochenende
dort verbringen, wir sollten einfach reinfahren. Waldemar machte „Nägel mit Köpfen” und
fuhr direkt zum Bruderherz und fragte, ob wir unser Zelt neben seinem Mobilhome aufstellen
dürften. Platz genug stand zur Verfügung. Keith schaute ein wenig verdattert, gab aber
direkt sein Einverständnis und um die evtl. Fragen seitens der Rancher würde er sich auch
kümmern. 10 Minuten später hatten wir eine Einladung zum gemeinsamen Dinner mit ihm und
seinem Neffen „in der Tasche”. Wir wurden regelrecht verwöhnt und bestaunt, und dann,
nachdem wir Keith erzählt hatten, das unser Weg durch Austin führen sollte, zückte er sein
Telefon, rief den Generalmanager des „Renaissance” in Austin an, seinen besten Freund, und
buchte für uns zwei Nächte. Uns klappte die Kinnlade runter, er freute sich wie ein
„kleiner Junge” und wir verbrachten noch einen wirklich schönen Abend mit ihm.
Coldspring nach Navasota 25.03.2012
Keith verabschiedete uns mit Umarmungen und den besten Wünschen. Wir schwitzten mächtig,
jetzt hatten wir mit Waldbränden und nicht mehr mit Tornados zu rechnen. Bergauf und wieder
runter, durch einen weiteren Nationalpark verlief unsere Route. Unterwegs trafen wir immer
wieder Radfahrer von der Gegenseite kommend und wurden mit wertvollen Informationen versorgt.
In Navasota durften wir wieder bei der Feuerwehr schlafen, diesmal wirklich drin im
Meetingraum incl. Dusche und Küche. Die Männer ließen sich nicht lange bitten, sie kannten
das „Spiel” schon, doch Deutsche hatten sie noch nicht zu Gast.
Navasota nach Carmine 26.03.2012
Schön war’s, nicht das ganze Procedere mit Zeltabbau in der Dunkelheit hinter uns zu bringen.
7:00 Uhr ging es an diesem Tag weiter, nur rund 80 Kilometer standen auf dem Plan, um nach
Barton bzw. mitten im Niemandsland eine Carol zu finden, die uns heute eine Dusche und ein
Dach über den Kopf angeboten hatte. Wir waren gegen 14:00 Uhr nach Hitze und Staub und
wunderschönen blühenden Landschaften auf einem riesigen Grundstück mitten in der „Pampa“
angelangt. Carol wollte gegen 17.00 Uhr zu Hause sein und hatte uns ihr Gästehaus zu Verfügung
gestellt. Der Schlüssel steckte im Schloss und wir waren begeistert von der Landschaft.
3 Seen, Wald, Wiesen und das Haus gleich der Serie „Unsere kleine Farm“. Wahnsinn, wir
besichtigten alles in Ruhe, duschten ausgiebig und läuteten einen „Waschtag“ ein. Eine Stunde
nach aufhängen war die Wäsche schon wieder trocken. Wir setzten alle Ventilatoren in Gang
und genossen den Ort und die Ruhe. Gegen 17:00 Uhr lernten wir dann Carol kennen, eine Lady
von sage und schreibe 81 Jahren, resolut, klug und „fit wie ein Turnschuh“. Sie lud uns zum
Dinner in ihrem Haus ein, selber mit Hilfe von Freunden von ihr gebaut nach eigenen
Vorstellungen und wieder völlig untypisch für amerikanische Verhältnisse. 2 Hunde und 2
Katzen durften wir auch begrüßen. Das Essen war lecker und die Unterhaltung wieder mal sehr
schön und informativ. Wir werden diese Lady nicht vergessen, da sind wir uns einig. Ein
Lunchpacket und Pecan Nüsse für den nächsten Tag mit den besten Wünschen gab sie uns noch
mit. Ach ja, später am Abend „schlug“ der Hund an, Carol schaute nach und zeigte uns dann
im Garten eine hoch giftige Schlange, die sie aber schon mit dem Spaten eliminiert hatte.
Der Weg zum Gästehaus war dementsprechend mit Vorsicht zu genießen und wir trampelten noch
lauter als sonst durch die Gegend.
Carmine nach Austin 27.03.2012
Vor Sonnenaufgang radelten wir los, 130 Kilometer bis Austin standen an und die Sonne ließ
sich heute zum Glück selten blicken. Wir legten die Strecke in einer Rekordzeit zurück,
gegen 13:30 Uhr trafen wir in Austin ein. Dort mussten wir uns erst mal durch bzw. über
einen Autobahnring kämpfen, Seite an Seite mit den geliebten Autofahrern. Dann standen wir
vor einem Protzbau Namens „Renaissance“ und wurden von allen Seiten beäugt. Der Consierce
war besonders neugierig, aber auch wirklich nett dabei. Waldemar erledigte den
organisatorischen Teil und ich passte auf die Räder auf und stand „Rede und Antwort“. Dann
kam mein Mann gar nicht mehr gut gelaunt zurück und teilte mir mit, dass wir die erste Nacht
frei übernachten dürften, aber die zweite Nacht 165 Dollar berappen müssten. Na klar! Warum
es auf einmal mit zwei freien Nächten nicht klappen sollte, wusste uns keiner zu sagen, aber
so war es halt nun mal. Wir ließen unser Gepäck vor Ort und schwangen uns direkt wieder auf
die Räder. Der Consierce mit Namen Thomas erklärte uns den Weg zu einem Outdoor Store und
einem Fahrradladen. Beide Geschäfte brauchten wir dringend, die Ketten mussten runter,
Waldemars Hinterrad wollten wir kontrollieren lassen und vielleicht bekamen wir ja hier
auch einen neuen Fahrradmantel. Bei REI wollten wir versuchen, die Matratze von Waldemar,
die leider ein zweites Mal den Geist aufgegeben hatte, umzutauschen und ich brauchte dringen
eine neue Radhose, denn mein Hinterteil tat mächtig weh. Es klappte alles wie am Schnürchen,
unsere Dinge wurden zu unserer vollsten Zufriedenheit gelöst und gegen 18:00 Uhr trafen wir
wieder im Hotel ein. Duschen, umziehen und Thomas fragen, wo es was zu essen gab. Er drückte
uns eine Karte eines mexikanischen Restaurants mit einem Gutschein über 25 Dollar und Nachos,
die wir nicht bezahlen brauchten, in die Hand und wünschte uns einen schönen und entspannten
Abend. Das Entgegenkommen und die unglaubliche Gastfreundschaft „haut“ uns immer wieder um.
Das Essen war gut, das mexikanische Bier schmeckte und wir genossen den Abend in vollen Zügen.
Danach fielen wir auf das Kingsize Bett und das Ding war so groß, dass wir uns regelrecht
suchen mussten.
Austin nach Blanco 28.03.2012
Schade, Austin hätten wir uns schon gerne noch angeschaut, aber nicht für das Geld. Wir
packten unsere Taschen auf die Räder und weiter ging es. Harte Kilometer aus der Stadt raus,
wieder ein Autobahnring, die Stadt ist riesig. Regen setzte ein, wir wurden schön nass und
der Weg zog und zog sich. In Blanco schickte uns die Feuerwehr zum Statepark, Mist, die
werden in Texas von Privathand geführt und sind dementsprechend teuer. 25 Dollar mussten
wir bezahlen für ein Stück Rasen, was unter Wasser stand. Zum Glück hatten wir wenigstens
einen überdachten Tisch und konnten im Trockenen kochen und essen. Die Wäsche hing, wie sie
hing, egal, wir wollten nur noch schlafen.
Blanco nach Kerrville 29.03.2012
Nebel, Feuchtigkeit, wir wollten nur weiter. Der Weg war verdammt frustrierend. Wir kamen
durch die ganzen Anstiege überhaupt nicht in Tritt und der Straßenbelag war auch bescheiden.
Rüttel und Schüttel. Wir quälten uns regelrecht und in Kerrville sollte es einen Park geben,
wo wir übernachten könnten. Waldemar rief spaßeshalber bei Luke an, wir waren doch neugierig,
wo er abgeblieben war. Und siehe da, 5 Minuten später stand er vor uns und grinste über
„beide Backen“. Wir hatten es tatsächlich geschafft, ihn wieder zu treffen, schön. Er ließ
es sich auch wieder nicht nehmen und bezahlte auch für uns die Eintrittsgebühr in den Park.
Dort war außer uns kein Camper weit und breit zu sehen. Wir machten es uns gemütlich und
erzählten unsere Erlebnisse. Ein Bier fanden wir auch noch an der dortigen Tankstelle.
Kerrville nach Vanderpool 30.03.2012
Luke wollte morgens zum Bike Shop in Kerrville, wir kauften Vorräte für die nächsten 3 Tage
ein und starteten gegen 10:00 Uhr. Es war heiß, der Streckenabschnitt steil. Luke holte uns
gegen Mittag ein, wir machten gerade eine Rast und kämpften uns dann weiter vorwärts. Noch
ein besonders schwerer Anstieg lag vor uns, dann eine rasante Abfahrt, ich bekam ein Dauergrinsen
und juchste vor Vergnügen. Dann standen wir vor dem Campground, wo Luke schon auf uns wartete.
Der Rancher rief uns streng zurück und kontrollierte die Rechnung, wieder von unserem
amerikanischen Freund beglichen, dann durften wir auf dem Platz, nur für Cycler, unser Zelt
aufschlagen. Der Platz befand sich oberhalb von dem etwas mit mehr Comfort ausgestatteten
Allgemeincampingplatz und wir schnappten uns nochmal die Räder, um zu den Duschen zu gelangen.
Dort trafen wir zwei Radfahrer aus Deutschland an, ausgestattet mit Hilfsmotoren. Hätte ich
an diesem Tag auch gut gebrauchen können. Wir unterhielten uns eine Weile, dann verzogen
wir uns auf unseren Berg und kochten uns Reis mit schwarzen Bohnen, lecker.
Vanderpool nach Camp Wood 31.03.2012
In der Dunkelheit bauten wir unsere Zelte ab, zum Glück funktionierten die Stirnlampen,
und gegen 7:00 Uhr ging es weiter, natürlich auch heute wieder ein einziges Auf und Ab.
Um 10.00 Uhr gönnten wir uns unsere erste Pause, danach wurde es laut auf der Straße. Die
Strecke, die wir fuhren, ist auch die populärste Route für Motorradfahrer und sonstige
Showmaker mit ausgefallenen Vehikeln in Texas. Ich war ziemlich genervt und der Berganstieg
kam uns unendlich lang vor. Gegen 13:00 Uhr waren wir endlich in einem Kaff, wo uns Luke
Hamburger Homemade incl. Fried Potatos spendierte, danach mussten wir nur noch 5 Kilometer
zum Campground zurücklegen. Herrlich, dort gab es einen Pool, ich sprang sofort rein und
die dicken Mamas und ihre nicht minder dicken Kinder durften meine Schwimmkünste bewundern,
taten sie auch wirklich. Dann musste ich wieder mal Rede und Antwort stehen, woher und wohin?
Tat ich doch gerne. Waldemar kümmerte sich unterdessen um die Räder. Da ist er ja echt immer
unermüdlich und schwitzte ganz schön. Ich bekochte ihn dafür und Luke war natürlich auch mit
von der Partie. Später lernten wir Tom und Leslie, die den Southern Tier von West nach Ost
fahren, kennen und bekamen auch von den Beiden wieder viele hilfreiche Informationen. Da es
Samstag war, war es nicht gerade leise auf dem Campground, aber das störte uns nicht weiter,
Ohren zu kleistern und weg beamen, klappte super.
Camp Wood nach Del Rio 01.04.2012
Mensch, wir stehen hier jeden Tag so früh auf wie noch nie vorher auf der Tour. 5:00 Uhr
war die Nacht zu Ende, Luke startete vor uns, wir hatten das Gefühl, dass es ihm nicht gut
ging, aber er will das mit sich alleine ausmachen. Wir gaben Gas, überholten ihn und warteten
im nächsten Ort, wo wir Proviant ordern konnten. Er kam total „angefressen“ dort an, wieder
war ihm eine Speiche „flöten“ gegangen und schickte uns ziemlich unwirsch fort. Wir trollten
uns und waren nicht gerade glücklich darüber. In Del Rio versuchten wir, Luke telefonisch
zu erreichen, was uns aber nicht gelang. Wir suchten uns etwas außerhalb des Ortes einen
Platz, zwar normalerweise nur für Trailer gedacht, aber wir bekamen unser Stück Rasen incl.
Überdachung für die Räder und eine angenehme Brise wehte auch. Später folgte dann ein Gewitter
und wir waren froh, nicht im Zentrum dieses Unwetters zu sein. Die Räder standen im Trockenen,
wir machten es uns im Zelt gemütlich.
Del Rio nach Langtry 02.04.2012
Nach Del Rio folgte eine Seenlandschaft, die uns sehr gut gefiel. Die Luft war klar, wir
gut drauf und das Fahren fiel uns leicht. Wir kamen am Pecos River vorbei, an Canyons und
waren wirklich in der Wüste im Westen Texas gelandet. In Langtry kamen wir schon gegen 12:30
Uhr an, ein Ort, der wohl zu Pionierzeiten der ersten Einwanderer legendär gewesen ist. Wir
sichteten erst mal nur Ruinen und ein Museum. Dann entdeckten wir das Community Center, wo
es sich schon zwei Radler, aus Belgien kommend, gemütlich gemacht hatten. Ein Schlauch zum
Duschen stand uns zur Verfügung und wir befreiten unsere Körper vom Straßenstaub. Waldemar
hatte auch heute wieder Mechaniker Tag und ich durfte mir das Museum und den Kakteengarten
anschauen. Ein Typ Namens James Bean hat wohl hier mal alle Fäden in der Hand gehabt. Sheriff,
Richter, Anwalt, Frauen Vernascher, Kneipenbesitzer, Cowboy in einer Person. Na ja, die Zeit
kommt mir etwas absurd vor, aber…! Danach kämpfte ich mich noch zu Fuß zum nah gelegenen
Canyon, um dann ganz schnell der flimmernden Sonne zu entfliehen. Gegen 17:00 Uhr schlossen
wir Luke freudig wieder in die Arme, es ging ihm sichtlich besser und zu unserer Überraschung
traf auch das Paar aus der Schweiz, die wir in Florida das erste Mal getroffen hatten, dort
ein, Wir dachten, die Beiden wären schon über „alle Berge“, aber dem war wohl nicht so. Wir
redeten alle durcheinander, freuten uns über den für uns perfekten Platz und stellten dann
auch noch fest, dass das Community Center doch zu öffnen ging. Es ist eine ehemalige Schule,
drin gab es Toiletten und sogar eine Küche. Wir kochten, genossen den Abend und hatten den
genialen Einfall, das Zelt wieder abzubauen und es uns im Saal der Schule zusammen mit den
beiden Schweizern gemütlich zu machen. So, unsere Überlegung, bräuchten wir am nächsten Morgen
nicht alles im Dunkeln abzubauen und könnten eine viertel Stunde länger schlafen, Gesagt,
getan, doch da spielte der Dorf Sheriff nicht mit. Er sah das Licht im Gebäude, kam mit
seinem Grad vorgefahren und komplementierte uns zwar sehr freundlich aber bestimmt aus der
Schule wieder raus. Sch…, jetzt durften wir das Zelt nochmal aufbauen. So was passiert
uns bestimmt nicht nochmal.
Langtry nach Sanderson 03.04.2012
Die Belgier waren gegen 4:45 Uhr schon auf den Beinen, wir krochen gegen 5:00 Uhr aus dem
Zelt und Luke und die beiden Schweizer hielten es auch nicht mehr lange im Zelt aus. Luke
schwang sich wieder mal zuerst aufs Rad, wir folgten 20 Minuten später. Den Tag werden wir
nicht so schnell vergessen. Anstiege, Wüste und der Wind frontal von vorne. Wir kämpften
uns wirklich Meter für Meter weiter nach vorne, fluchten, schwitzten, hielten in der
glühenden Sonne am Straßenrand immer wieder an, tranken ohne Ende Wasser, zum Glück hatten
wir vorgesorgt und waren mit den Nerven am Ende. Zwischen den Orten, die bis zu 100 Kilometern
und mehr aus einander liegen, gibt es außer Hitze, Staub und Klapperschlangen nichts. Ein
Exemplar haben wir bisher gesichtet, leider schon totgefahren. Auch viele andere Tiere sehen
wir hier leider nur tot, Gürteltiere, Schildkröten, Waschbären, Stinktiere, Borstenschweine,
Hirscharten und viele mehr. Tut uns immer in der Seele weh, die verendeten Tiere entweder
mitten auf der Straße oder am Rand liegen zu sehen. Die geierartigen Vögel Namens Vulture,
die es hier gibt, können sich „dumm und dämlich“ fressen. In der Mittagshitze erreichten
wir das Kaff Sanderson, kauften mit der letzten uns verbliebenen Kraft noch ein paar Dinge
für das Abendessen ein und trafen im dortigen RV-Park auf Steine und viel Staub. Es war uns
egal, zum Glück hatten wir Heringe für diese Art von Boden dabei und mussten kämpfen, um
die Dinger in den Boden zu hämmern. Die Dusche war eine Wohltat und dann musste ich Waldemar
beichten, das mit meinem Innenlager am Rad etwas nicht in Ordnung war. Der Platzwart, Graig,
ein junger Kerl von einer unheimlichen Länge und Statur mit Füssen, die größer waren als
„Kindersärge“ stellte sich als überaus hilfsbereiter liebenswürdiger Mensch heraus und mit
seinem Werkzeug und Waldemars Geschick konnten die beiden Männer das Problem zu meiner
vollsten Zufriedenheit und Erleichterung beheben. Die Belgier sahen wir nur von weiten,
sie hatten wohl in einem Motel eingecheckt, und die beiden Schweizer kamen auch völlig
ausgepowert bei uns an. Carol war unterwegs der Verzweiflung nahe gewesen, wie sie uns
berichtete und auch Greg sah man die Strapazen an. Nachts dann war an Schlaf kaum zu denken,
denn die Bahngleise verliefen direkt hinter unserem Zelt und die Zugführer haben wohl
besonders nachts viel Spaß, das Train Horn zu betätigen. Wir hatten das Gefühl, die Züge
fuhren mitten durchs Zelt durch, Horror!
Sanderson nach Marathon 04.04.2012
Morgens total erschlagen aufgewacht, die Sachen verstaut und die Weiterfahrt angetreten.
Wüste, Kakteen, viele Tiere und Vögel unterwegs gesichtet. Der Weg stellte sich als nicht
ganz so schwierig wie befürchtet raus und der Wind ließ uns heute einigermaßen „in Ruhe“.
Wir wollten uns in Marathon mit den beiden Schweizern treffen, evtl. ein Auto zu mieten, um
damit den Nationalpark rund um den Big Bend mit über 2200Hm zu erkunden. Es klappte nicht,
weil es in Marathon keine Autovermietung gab. Die Beiden fuhren an diesem Tag weitere 50
Kilometer nach Alpine, um da ihr Glück zu versuchen. Wir lehnten dankend ab und sollten es
nicht bereuen. Wir hatten in Marathon einen Warmshower aufgetan und landeten am Ende des
Ortes auf einen Platz, der uns in jeder Hinsicht an unsere 3 Monate auf La Palma bei Hannes
erinnerte. Verschiedene Menschen haben sich hier „kreativ“ ausgetobt, die verrücktesten
Behausungen gebaut und eine Community für Cycler und ökologisch denkende Menschen geschaffen.
Wir fühlten uns auf Anhieb wohl und fanden den schönsten Platz unter einem Vordach auf einer
Terrasse mit Blick auf die Berge und nachts auf den Sternenhimmel. Abends wurde der offene
Kamin in Gang gesetzt, das Feuer brannte und wir genossen die Stimmung mit einem Bier. Luke
schlief in einem „U-Boot“. Yellow Submarine!
Marathon nach Marfa 05.04.2012
Gegen 7:00 Uhr fuhren wir los, nach 5 Minuten waren wir wieder runter von den Rädern, eine
Sau Kälte, so schnell konnten wir gar nicht mit den Zähnen klappern. Wintersachen raus,
Handschuhe an und erst mal nach Alpine die ersten 50 Kilometer. Als die Sonne rauskam,
konnten wir in der gewohnten kurzen Kluft weiterfahren. In Alpine haben wir Carol und Greg
im Fahrrad Laden wieder getroffen. Sie sind am Vorabend nach 140 Kilometern dortgeblieben
und haben ihre Pläne total geändert. Statt zum Big Bend wollten sie jetzt nach Fort Davis
über die Berge zum Observatorium fahren. Wir umarmten uns und verabschiedeten uns, dann
gingen wir Luke suchen, der noch nicht, wie verabredet, eingetroffen war. Wir fanden ihn
vor einem Café sitzend an. Er begrüßte uns Freude strahlend und machte uns das Angebot,
mit ihm zusammen den Nationalpark rund um den Big Bend zu erkunden. Vorher fuhren wir nach
Marfa, eine Künstlergemeinde mitten in der Wüste Texas. Dort erwartete uns auch ein
Campingplatz ganz nach unserem „Gusto“. Progressive Menschen, Indianer Style mit Tippis,
Gemeinschaftsküche, Loggia, Außendusche.
Zweiter Tag Marfa 06.04.2012
8:45 Uhr starteten wir, bestaunten den Rio Grande. In der Mitte des Flusses verläuft die
Grenze zwischen den USA und Mexiko. Bei Überschreitung darf man für ein Jahr in den „Bau“
gehen oder muss 5000 Dollar Strafe bezahlen. Weiter ging es Richtung Big Bend, doch der Weg
dorthin war so weit, das wir unterwegs unsere Pläne änderten und eine andere Route einschlugen.
Die Natur und die Tierwelt begeisterte uns. Ein Schwarzbär durften wir aus 6 Meter Entfernung
bestaunen. Einen Berg Puma trafen wir aber nicht an. Wir gingen zwei kurze Wanderwege,
picknickten mitten in den Bergen und genossen die Autofahrt. „Abgefahrene“ Campgrounds gibt
es dort und verrückte Giftshops. Auf dem Rückweg wurden wir ein zweites Mal von der Border
Patrol angehalten, mussten unsere Namen und das jeweilige Geburtstag nennen. Sehr befremdlich.
Wir kamen erst gegen 19:00 Uhr wieder in Marfa an und beschlossen, noch einen Tag länger
dort zu verweilen. Das Essen und das Bier ließen wir uns schmecken und es tat gut, zu wissen,
dass wir am Folgetag ausschlafen konnten.
Dritter Tag Marfa 07.04.2012
Gegen 8.00 Uhr aufgewacht, Zelt von vertrockneten Gras befreit, in Ruhe gefrühstückt,
Körperpflege betrieben, Routenplanung besprochen und jetzt fegt gerade ein Wüstensturm
über uns hinweg, der uns mal wieder mächtig beeindruckt. Die Windhosen pfeifen um die Loggia,
hoffentlich bleibt das Zelt unbeschadet. morgen steht uns wieder ein harter Tag bevor mit
rund 120 Kilometern und nur Wüste zwischen hier und unserem nächsten Ziel Van Horn.
Marfa nach Sierra Blanca 08.04.2012
Das Zelt hat den Sturm bestens überstanden, wir auch! Abbau und weiter ging es. Am Ortsausgang
von Marfa wurden wir von einem Schild darauf hingewiesen, dass die nächsten 74 Meilen ohne
jeglichen Service, wie z. Bsp. Tankstelle etc. zu bewältigen sind. Nett! Wir waren darauf
vorbereitet und hatten genügend Wasser und Proviant im Gepäck. Desert, Desert und nichts als
Desert. Wir kamen nach 50 Kilometern durch Valentine, dieser glich eher einer Geisterstadt
statt eines Wohnortes und wie geschrieben, keine Geschäfte weit und breit. Dann wurde es
etwas grüner, wir trafen noch 3 Radfahrer von der Gegenstrecke, die gerade einen Schlauch
flickten und erreichten nach 120 Kilometern Van Horn. Luke war kurz vor uns eingetroffen
und wir machten zusammen Mittag. Es war 12:30 Uhr, Van Horn gefiel uns nicht wirklich und
wir hatten Rückenwind. Schnell waren wir uns einig, noch weitere 50 Kilometer zu fahren.
Gesagt, getan, ein Anstieg mussten wir auf dem eigentlich für Radfahrer verbotenen Highway
Nr.10 bewältigen, dann fuhren wir mit viel Rückenwind nach Sierra Blanca. Streckenrekord
auf der gesamten bisherigen Tour: 174 Kilometer! Wir klopften uns gegenseitig auf die Schulter
und waren echt stolz auf die erbrachte Leistung. An der dortigen Tankstelle füllten wir unsere
10 Liter Wasserbeutel auf, trafen das Radfahrer Paar aus Schweden, die ein Tag vor uns Marfa
verlassen hatten, wieder, und fuhren zusammen in den State Park. Sehr schön, leider waren
die Toiletten geschlossen. Die Stadteinwohner, überwiegend mexikanisches Ursprungs feierten
Ostern und wir bauten in Ruhe unsere Zelte auf. Waldemar ging zum Sheriff Büro und wollte
dort nach einer Duschmöglichkeit fragen, wurde aber abgewiesen. Wir schnappten uns die 10
Liter Wasserbeutel und duschten uns zwischen LKW-Containern, ging wunderbar. Die Toilette
durften wir dann aber doch beim Sheriff benutzen. Wir plauderten, kochten und verschwanden
relativ früh in unsere Zelte. Nachts blitzte und donnerte es, dann bellten die Hunde um
die Wette und die vorbeifahrenden Züge hörten gar nicht mehr auf, das Horn zu betätigen.
Sierra Blanca nach Tornillo 09.04.2012
Wir waren die Ersten, die gegen 5:00 Uhr auf den Beinen waren, ziemlich gerädert, dann
folgte Luke, der ja immer in Windeseile fertig ist und als wir gegen 6:30 Uhr starteten,
kamen auch Eric und Sofia aus dem Zelt gekrochen. Wider Erwarten fuhren wir auch heute wieder
rund 130 Kilometer, wir fanden vorher weit und breit nichts, wo wir hätten mit unseren Zelten
stehen können. In Tornillo erbarmte sich die nette Mitarbeiterin der Feuerstation, uns im
Gebäude duschen zu lassen und gegenüber war der State Park, wo wir die Nacht bleiben konnten.
Der erste Eindruck war sehr ernüchternd. Der Park glich einer Müllhalde, doch wir hatten
überdachte Tische und nach einer Aufräumaktion und Begradigung des Bodens durch einen
hilfsbereiten Schaufelbagger Fahrer war der Schock schnell überwunden. Die Dusche war herrlich.
Abends füllte sich der Park mit Jugendlichen, die aber brav bei Einbruch der Dunkelheit
wieder abzogen. Die Hunde bellten auch hier die ganze Nacht, doch wir ließen uns nicht von
unserem dringend benötigten Schlaf abbringen.
Tornillo nach Vado 10.04.2012
Anthony visierten wir heute an. El Paso wollten wir links liegen lassen, denn wirklich alle
uns bisher entgegenkommenden Radfahrer rieten uns von dieser in jeder Hinsicht unfreundlichen
Stadt ab. Wir nahmen die Alternativstrecke und passierten El Paso nur am Rande, was uns aber
schon ausreichte. Tja, wir konnten es kaum glauben, doch wir überquerten die Grenze von Texas
nach New Mexico. 19 Tage sind wir durch diesen zweit größten Bundesstaat der USA gefahren.
Nur Alaska ist noch größer. Deutschland ist noch nicht mal halb so groß. Uns hat Texas
beeindruckt mit seiner Weite, den 3 verschiedenen Abschnitten Ost, Mittel - und Westtexas
und den zwar teilweise skurrilen Menschen, doch die meisten waren überaus freundlich und
immer hilfsbereit. Wir sind gespannt auf New Mexico.