Zweiter Teil Mittelperu

3 September 2013

Huancayo nach Mariscal Caceres la Mejorada 19.08.2013
Tränen der Trauer in den Augen der Hoteleigentümer, welch rührender Abschied! Schnell noch ein Gruppenbild und wir können das Hotel Luna Park in Huancayo nur wärmstens empfehlen. Dann weiter zur Plaza, dort waren wir mit 6 anderen Radlern und zwei Kids für ein weiteres Gruppenfoto verabredet. Gegen 9:00 Uhr trudelten alle ein und schnell waren wir von etlichen Kindern und Einheimischen umringt. Das Foto kam dann aber doch zu Stande und gegen 10:30 Uhr ging es endlich los. Ein weiterer Pass stand an, freu! Aber dieser entpuppte sich als relativ harmlos, nicht zu steil und bald waren wir wieder auf 3900Hm. Danach ging es runter zum Rio Mantaro, der für die Trockenzeit viel Wasser führte, wie wir fanden. Grün, viele Aras, das Tal relativ weit. Wir kamen unglaublich schnell voran, fuhren an einigen Ortschaften vorbei und fanden den Grund heraus, warum der obere Flusslauf so viel Wasser führte. Ein Staudamm, daneben direkt ein Elektrizitätswerk und fotografieren strengstens verboten. Weiter unten dann die erschreckenden Ausmaße dieser Wasserstauung. Der Fluss jetzt nur noch ein Rinnsal, teilweise ganz versiegt und nur noch staubige Kakteenlandschaft, wir waren sprachlos und frustriert. Verlassene Häuser links des Flusses, die Menschen weggezogen, hier gibt es wohl keine Möglichkeit mehr, zu leben. Traurig fuhren wir an dem meist leeren Flussbett entlang und kamen nach rund 80 Kilometern in Mariscal Casreres an. Die dortige Hospedaje sah nicht gerade einladend aus, wir überlegten! Schnell war eine Lösung gefunden, die Lehrerin des Colegio sass vor der Dorf Tienda und wir fragten sie, ob wir dort übernachten dürften. Selbstverständlich, sie müsste nur schnell nach Hause gehen und den Schlüssel holen. Gesagt, getan, nach einer halben Stunde kam sie zurück und wir schoben die Räder den Berg rauf. Wasser holten wir von der Schule nebenan, der Raum war perfekt, und Profesora Theresa eine tolle und kompetente Frau. Ich hatte ein nettes Gespräch mit ihr, sie erzählte mir von ihren drei Kindern und den Problemen mit den Schülern, die sich mit denen in Deutschland ähneln. Später machten wir es uns gemütlich, kochten und gingen früh schlafen.

Mariscal Caceres la Mejorada nach Pisco 20.08.2013
Die Stimmung war schlecht, Waldemar sprach von Reisemüdigkeit und Abbruch in Cusco. Wir drei anderen konnten ihn überhaupt nicht aufmuntern und so fuhren wir ziemlich missgelaunt los. Wieder weiter am Rio Mantaro, der jetzt teilweise durch Wasserspeisung von den Bergen wieder Wasser führte. Immer kurviger wurde die zum Glück asphaltierte Straße am Fluss entlang, hoch und runter, oft das Kreischen der aufgeschreckten Papageien in den Ohren. So ging die Zeit vorbei, wir fuhren wieder ungewöhnliche 90 Kilometer und kamen ziemlich geschafft an ein paar Häusern gegen 17:00 Uhr vorbei, wobei uns eins auf der Wiese stehend, direkt ins Auge stach. Gab es hier tatsächlich ein Schulgebäude? Die Tür stand offen, ich lief nach Absprache mit den anderen schnell dorthin und traf den Dorflehrer an, hurra! Er willigte direkt ein, schwang daraufhin sofort den Besen und machte sauber, wir halfen ihm dabei und schon war die Schlafstatt für die heutige Nacht fertig. Wie viele Kinder er denn unterrichte, wollte ich wissen. Ganze sieben, antwortete er mir, und mit einem Grinsen hinterher, er hätte ein sehr ruhiges und angenehmes Leben als Lehrer. Das glaubte ich ihm gerne. Das Dorfrestaurant kochte für uns lecker und das Essen wurde uns sogar in den Schulraum gebracht. Wir fühlten uns gut aufgehoben und verbrachten eine ungewohnt warme Nacht.

Pisco nach Huanta 21.08.2013
Danke an den Lehrer, weiter ging es nach Huanta. In Mayocc legten wir eine Saftpause ein, die Inhaberin erzählte uns, das mit dem Asphalt jetzt Schluss wäre und 33 Kilometer bis Huanta nur eine Schotterpiste existieren würde. Wir glaubten ihr nicht, hatten andere Infos und wurden eines Besseren belehrt. Den Rio Mantaro ließen wir hinter uns und der Schotter wartete schon. Die Frau sollte recht behalten und bald sahen wir mal wieder aus wie gepudert. Die vorbeikommenden Fahrzeuge staubten uns richtig schön ein. Die ungewohnte Hitze tat ihr übriges. Waldemar und ich suchten uns vor 12:00 Uhr ein Schattenplätzchen zum Verschnaufen und verweilen. Dort hatten die schwarzen kleinen Fliegen ihre Freude an uns und rissen uns regelrecht Fleischstückchen aus der Haut. Margit und James hatten überhaupt keine Probleme mit der Sonne, aßen nur schnell etwas und fuhren weiter. Wir ließen es langsam angehen und trafen eine ¾ Stunde nach den beiden in Huanta ein. James wartete an der Plaza, Margit war auf Hotelsuche unterwegs. Wenig später kam sie zurück und hatte 2 Zimmer für uns besorgt. Waldemar’s Stimmung war wieder besser, wir beide hatten einen netten Abend mit Marktbesuch.

Huanta nach Ayacucho 22.08.2013
Waldemar und ich beschlossen, sehr früh loszufahren, seit langer Zeit wieder zu zweit und nicht zu viert. Margit und James wollten wir später in Ayacucho wiedertreffen. Wir schraubten uns hoch und raus aus der Stadt, dann eine wunderbare Abfahrt. Weiter geradeaus, wieder hoch nach Ayacucho. Die Sonne ließ sich heute nicht allzu oft blicken, ich war sehr dankbar, denn meine Haut reagierte seit einigen Tagen allergisch auf die Sonnencreme. Die 50 Kilometer waren schnell vorbei und wir kamen früh in Ayacucho an. Eine sehr schöne Stadt, bisher wohl für uns die schönste und authentischste Stadt in Peru, wie wir fanden. Bald hatten wir ein nettes Hostal gefunden Dank einer netten Señora im Info Büro. Später tauchten dort auch Margit und James auf, nur die Stimmung zwischen James und uns war eigenartig angespannt. Margit erzählte mir später, sie hätte uns während der Fahrt total vermisst, uns ging es genauso. Waldemar und ich genossen die Atmosphäre der Stadt, schlugen uns mit einer Geldüberweisung nach Cusco rum und machten den Markt unsicher. Wider Erwarten regnete es abends und die Einheimischen erzählten uns, dies wäre für diese Jahreszeit total ungewöhnlich! In Ayacucho verbrachten wir 3 Tage, fühlten uns sehr wohl und schafften es sogar, die Räder mit Ritzel- und Kettenaustausch auf Vordermann zu bringen. Dank an Joanna, denn sie hat tatsächlich eine Kettenpeitsche im Gepäck, diese war bisher nirgendwo aufzutreiben gewesen. Morgen geht es weiter Richtung Cusco. Leider trennen sich hier in Ayacucho die Wege zwischen Margit, James und uns. Margit ist uns, besonders mir, total ans Herz gewachsen und in den vergangenen Wochen hat sich eine echte Freundschaft zwischen uns entwickelt. Wir werden sie sehr vermissen!

Ayacucho nach Ocros 26.08.2013
Es sollte ein wunderschöner Tag werden, doch der Beginn dieses Tages war mit viel Aufregung verbunden. Waldemar und ich starteten sehr früh, kämpften uns durch die Stadt und auf einmal fing mein Mann an zu husten, zu niesen, die Schleimhäute schwollen an, sein Gesicht wurde knallrot und ganz dick, und der ganze Körper fing an zu jucken. Zum Glück hatten wir ein Antiallergikum dabei. Nur schnell weg aus der Smogglocke der Stadt, rauf in die Berge. Dort angekommen, machten wir halt. Waldemar war völlig erschöpft, die Tränen kamen ihm vor lauter Schmerzen und ich konnte ihn nur noch ganz fest in die Arme nehmen. Dann wusch er sich, so gut es eben ging, den Mist vom Körper ab, trank viel und wir wollten versuchen, weiter zu fahren. Langsam sah er etwas besser aus, mit dem atmen klappte es auch wieder, zum Glück! Die ersten 1500Hm schafften wir in 4 ½ Stunden, schön war’s! Dann ging es auf der Hochebene weiter, immer noch ein bisschen höher, so dass wir bald wieder auf 4300 Meter waren. Dort war es frisch und windig, aber wir genossen es einfach. Weiter ging es, jetzt wieder runter auf 4100Hm und schnell zeigte unser Tacho 70 gefahrene Kilometer an. So, jetzt nochmal hoch, zwischendurch fielen ein paar Schneeflocken, dann ließ sich zum Glück die Sonne wieder blicken. Gegen 16:00 Uhr hatten wir auch den zweiten Pass erreicht, jetzt kam die wohlverdiente Abfahrt, die uns runter nach Ocros brachte. Die gesamte Strecke von Ayacucho nach Ocros ist in den letzten Monaten geteert worden, es machte einfach nur Laune, hier lang zu fahren. Auf dem letzten Stück waren die Bauarbeiter noch kräftig am werkeln. Sie grüßten uns überschwänglich, hielten anerkennend die Daumen nach oben und wir freuten uns unseres Lebens. In Orcos zeigte unser Tacho 102 Kilometer an, es reichte für heute. Die Schule war noch geöffnet und Maestro Luis direkt einverstanden, dort übernachten zu dürfen. Essen war auch schnell gefunden. Leider hatten wir in der Nacht Festtagsbeleuchtung bei uns Klassenzimmer, die Aussenstrahler konnten wir nicht ausmachen, so dass es mit dem schlafen nicht so richtig funktionierte.

Ocros nach Ahuayro 27.08.2013
Relativ erschlagen wachten wir gegen 6:00 Uhr auf, packten die Sachen zusammen und waren gegen 7:00 Uhr startklar. Weiter runter ging es für 20 Kilometer, Waldemar hatte wieder Symptome einer Allergie, Mensch, was war das nur? Kurze Zeit später, sein Kopf wieder ganz rot und dick, der ganze Körper voller Pusteln, oh Mann! Heute halfen auch die Tabletten nicht wirklich, wir schafften nur noch 17 Kilometer und fanden zum Glück in Ahuayro ein Hostal, wo sich Waldemar ins Bett legte und bald tief und fest schlief. Jetzt hoffen wir mal, dass wir morgen weiterfahren können.

Ahuayro nach Uripa 28.08.2013
Das Wetter in Peru spielt verrückt und wir mittendrin. Heute Nacht hat es begonnen, zu regnen und es hörte nicht mehr auf. Waldemar ging es zum Glück wieder gut und so zogen wir uns die Regenmontur an und rein ins nasse „Vergnügen“. Direkt nach Ahuayro hörte der Asphalt auf, die Schotter-Lehmpiste hatte uns wieder und nach kurzer Zeit sahen wir aus wie die Ferkel. Nur rund 5 Kilometer kamen wir, dann eine Straßensperre und zwei Grazien, die uns nicht vorbeiließen, mal wieder! Sprengungen bis 12:00 Uhr! Und vorher kein Durchkommen? Nein! Frustriert fuhren wir, es regnete immer noch, zurück zum Dorfplatz. Dort umringten uns die Kinder der beiden Schulen und quetschten uns aus. Wir nutzten die Zeit und machten uns ein wenig sauber, setzten uns vor die Kirche und warteten. Ich schaute immer wieder zur Straßensperre, dort tat sich aber nichts. Der Regen wurde wieder stärker, die Kinder verschwanden in die Schule und wir warteten weiter. 9:30 Uhr ging ich wieder nachsehen, und…, alle wartenden Fahrzeuge waren verschwunden. Schnell schnappten wir uns unsere Drahtesel und flitzten zur Sperre. Die Grazien wollten uns gar nicht beachten, doch ich konnte und wollte mir einen Kommentar nicht verkneifen. Die Uhren in Peru ticken wohl ganz anders, denn auf meiner Uhr wäre es halb 10 und nicht 12 Uhr! Wir waren froh, dass wir weiterkamen, denn eine harte Strecke lag vor uns. Auf der Schotter-Lehmpiste ging es hoch bis Chincheros, dort kamen wir total ausgekühlt und durchnässt an. Im Ort fanden wir ein Restaurant, wo es heiße Suppe und Tee gab. Das Mädchen, welches uns das Essen brachte, war total nett und aufgeschlossen. Sie munterte uns wieder auf und hatte auch noch eine richtig gute Nachricht für uns. Ab hier bis Andahuaylas wäre die Strasse komplett neu geteert. Also, weiterkämpfen! Maria sollte Recht behalten, wir waren so froh. Nach weiteren 10 Kilometern und 1000Hm für heute kamen wir in Uripa an. Die Dusche im Hostal war zum Glück richtig heiß, das Bett hatte viele Decken und der Mercado war nicht weit entfernt. Während uns dort die Señora den frisch gemachten Saft zubereitete, sagte sie uns voller Zuversicht, dass es morgen nicht regnen wird! Wir wollen ihr gerne Glauben schenken.

Uripa nach Andahuaylas 29.08.2013
Kein Regen, hurra! Wir schraubten uns weiter nach oben, dann kamen uns vom Pass 2 Radler entgegen. Agnes und Christopher aus Österreich. Die Beiden sahen auch ziemlich verfroren aus und erzählten uns, das sie 2 Nächte auf dem Pass auf 4200 Metern verbracht hätten, weil ein Schneeunwetter sie überrascht hätte. Au Backe. Ist der Pass den heute frei, wollten wir wissen? Ja! Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile, die Sonne drückte langsam durch, so sah die Welt schon ganz anders aus. Die Beiden sausten weiter den Berg runter, wir kletterten hoch. Dann eine Señora, die uns fragte, ob wir wirklich auf den Pass hochwollten. „Ihr werdet sterben, so kalt ist es dort!“. Ab 3900Hm lag rundherum Schnee, die Einheimischen bauten Schneemänner und wir zogen uns die zweite Lage Klamotten an. Weiter hoch, jetzt auf 4200Hm und immer noch nicht oben angekommen. Nochmal 50 Meter, dann hatten wir es geschafft. Die Landschaft und der Blick grandios, hinter uns dunkle Wolken, über uns die Sonne. Verschnaufpause, Essen fassen und weiter. Dritte Lage Sachen an, jetzt runter, welch Spaß. Winkende, mit Daumen nach oben vorbeikommende Leute, immer wieder schön. 43 Kilometer noch bis Andahuaylas, runter auf 2900Hm. Richtig warm wurde uns auch hier nicht. Endlich fanden wir ein Hostal für einen vernünftigen Preis, und in unserem Bad existierte eine Badewanne, ich wollte meinen Augen kaum trauen. Wir brauchen einen Tag Verschnaufpause und werden übermorgen den nächsten Pass angehen, wieder 1200 Meter hoch strampeln!

Andahuaylas nach Kishuara 31.08.2013
Sonntag und wir ganz früh auf der Piste. 40 Kilometer ging es bergauf auf 4150Hm. Das Wetter spielte mit, die Bergketten rund um uns herum fantastisch, wir hatten gute Laune und die Straße wieder asphaltiert, ich kann es gar nicht oft genug erwähnen. Während der Pause hatten wir Besuch einer ganz lieben Hündin. Diese war extrem scheu, aber der Hunger war wohl größer. Wir teilten unser Essen mir ihr, doch bei der geringsten Bewegung zuckte sie zusammen. Armes Tier, ist bestimmt in ihrem Leben schon oft getreten worden. Nach dem Anstieg eine schöne Abfahrt von 20 Kilometern, dann eine Riesenbaustelle, es existierte aber zum Glück eine Umleitung runter nach Kishuara. Dort war der Hund begraben. Die Hospedajes belegt von den Strassenarbeitern, das Comisariat nicht besonders hilfreich und die Schule geschlossen. Wir blickten ziemlich ratlos drein. Ich lief zum Muncipalgebäude und sprach eine freundlich aussehende Señorita an. Sie war sofort einverstanden, uns zu helfen. Keine 5 Minuten später teilte sie mir mit, sie hätte gerade mit ihrer Freundin gesprochen und diese würde die Nacht bei ihr schlafen, so dass wir ein eigenes Zimmer zur Verfügung hätten. Ich war wieder einmal sprachlos über so viel Hilfsbereitschaft. Ich umarmte sie, bedankte mich tausend Mal und lief zurück zum Platz, um Waldemar Bescheid zu geben. Wir schnappten uns schnell die Räder und schon ging es los. Melinda und Nelly kamen mit uns, zeigten uns das Zimmer und entpuppten sich als zwei Krankenschwestern, die beide aber in anderen Städten zu Hause wären. Schnell verabschiedeten sie sich wieder, die Arbeit rief und wir waren alleine. Wir nutzten die Zeit bis zur Dunkelheit und putzten die Räder, später dann gab es auch Wasser, so dass wir uns den Straßenstaub abwaschen konnten.

Kishuara nach Abancay 01.09.2013
Um 7:00 Uhr waren wir startklar, 6 Kilometer bergan auf Schotterpiste, dann für 60 Kilometer bergab. Von Asphalt konnten wir heute nur träumen, und die Abfahrt war eine Tortur für unsere Gelenke und Räder. Doch das schlimmste war, von oben war Abancay, unser heutiges Ziel, schon lange sichtbar, doch um dahin zu kommen, brauchten wir ewig. Runter auf 1800Hm ging es, es wurde immer heißer und stickiger. Unten im Tal wieder eine große Baustelle mit viel Dreck und Staub. Wir mussten eine Riesenschleife fahren, um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen und verdammt, am Ende hieß es, wieder 600 Meter hoch, um nach Abancay zu kommen. Solche Tage hasse ich! Endlich, gegen 15:00 Uhr hatten wir es geschafft, völlig eingesaut und fertig mit den Nerven. Wir nahmen heute nicht das günstigste Hotel, gibt es hier sowieso nicht, wie es scheint. Der Dueno unserer Unterkunft ist nett und hilfsbereit, das überzeugte mich. Hier werden wir eine weitere Verschnaufpause einlegen.